Schneewittchen auf der Flucht
Drei Jahre nach "Dornröschen unplugged - oder: wie wird's einmal" brachte unser Mittel- und Oberstufentheater unter der Leitung der Theaterpädagogin Julia Andres nun mit "Schneewittchen auf der Flucht - oder: wer wird's einmal" im ausverkauften Landsberger Stadttheater eine Art Fortsetzung der Geschichte rund um Prinzessin Dornröschen auf die Bühne. Das Publikum erlebte ein amüsantes Feuerwerk märchenhafter Episoden und konnte sich nicht sattsehen an den bezaubernden Kostümen und einfallsreichen Bühnenbildern. Den tosenden Applaus hatten am Ende die jungen Schauspieler unseres Mittel- und Oberstufentheaters wie ihre Kursleiterin mehr als verdient!
Ein Knall - eine Türe fliegt auf - düstere, bedrohliche Musik - Schneewittchen kommt angerannt und hetzt ängstlich auf die Bühne. Sie scheint verfolgt zu werden - sucht ein Versteck. Plötzlich ein Schuss - der Jäger betritt den Raum und sucht Schneewittchen. Er beteuert, ihr nichts tun, der Königin das Herz eines toten Tieres statt Schneewittchens Herz bringen zu wollen, und treibt Schneewittchen doch nur dazu, so weit wegzulaufen, dass die böse Königin sie nicht mehr finden kann. Schneewittchen flieht. Sie rennt hin und her und wird plötzlich wie durch Zauberhand in ein Video gezogen, das auf der Leinwand am Bühnenhintergrund abgespielt wird. Dort sieht man Schneewittchen panisch durch den Wald fliehen - hektisch und ängstlich. Dann ist Schneewittchen plötzlich wieder auf der Bühne… So läuft sie und läuft und läuft. Endlich findet Schneewittchen Unterschlupf bei den sieben Zwergen und kann rückblickend ihre Geschichte erzählen. Als eine von zahlreichen Heiratskandidatinnen hatte sie im Schloss vorgesprochen, um sich um die Hand des Prinzen Gerold zu bewerben.
Doch all die dort versammelten Prinzessinnen und Schönen haben die Rechnung ohne des Prinzen Mutter gemacht! Königin Kunigunde die Erste, das erwachsen gewordene „Dornröschen“ aus „Dornröschen unplugged“, ist nun selbst Königin und herrscht leider ähnlich rabiat wie ihre Mutter seinerzeit über ihr Reich. Die dauergereizte Königin (gespielt von Marie Behles) muss sich täglich nicht nur mit den üblichen Regierungsgeschäften, einem unfähigen Hofmarschall (Moritz Bayer) oder einem zickigen Spiegel (Sophie Künzner) herumschlagen, sondern hat nun eben auch noch das Problem, dass sie aufgrund des Testaments ihres verstorbenen Ehemannes die Verheiratung ihres Sohnes Prinz Gerold (Alexander Soffer) an seinem 21. Geburtstag in die Wege leiten muss, obwohl sie eigentlich keine Schönheit außer sich selbst im Schloss ertragen kann.
Da sie jedoch auf gar keinen Fall riskieren kann, dass das Königreich an des Königs verhasste Schwester fällt, ersinnt sie einen hinterhältigen Plan. Denn Kunigunde denkt nicht im mindesten daran, auf ihre Krone und die damit verbundene Macht zu verzichten, gedenkt jedoch andererseits auf gar keinen Fall daran, eine junge schöne Prinzessin neben sich im Schloss zu dulden. Daher willigt sie scheinheilig in eine Brautschau für ihren Sohn ein, die darin besteht, dass die Prinzessinnen verschiedene Aufgaben bestehen müssen. Vom Heraufholen goldener Kugeln aus einem Brunnen, dem Spinnen von Stroh zu Gold, dem Schütteln von Bettdecken bei Frau Holle oder dem Herstellen eigener Kleidung bis zum Singen und Tanzen im Finale. Die Mädchen, die die Aufgaben nicht bestehen, werden auf Befehl der Königin augenblicklich geköpft. Und so artet die Brautschau eher in eine Hinrichtungsorgie aus. Und auch Schneewittchen, die am Ende die Hand des Prinzen bekommt und ihn sogar heiraten darf, muss schnell merken, mit was für einer Schwiegermutter sie es hier zu tun hat. Denn kaum ist die Hochzeitsnacht vorbei und die Bedingung des Testaments erfüllt, will die Königin auch sie köpfen lassen.....
Fast alle ehemaligen Mitspieler aus „Dornröschen unplugged“, die im letzten Jahr Abitur gemacht haben, waren gekommen, um sich die Fortsetzung ihres Märchenstückes anzusehen. Allen voran die alte böse Königin seinerzeit gespielt von Martha Koletzko und ihr königlicher Gemahl „Friedrich der Kleine“ seinerzeit gespielt von Neele Lang. Beide kamen, um bei der Premiere des neuen Märchens dabei zu sein und hatten solche Sehnsucht danach, wieder selbst mitspielen zu dürfen, dass wir kurzerhand entschieden, die Vorgängerin unserer bösen Königin Kunigunde der Ersten für die zweite Aufführung als Geist ins Stück einzufügen. Und so huschte Martha Koletzko am Freitagabend als weißes Gespenst der verstorbenen Königinmutter durchs Stadttheater und die Zuschauer der Freitagsaufführung sahen Szenen, die es am Tag zuvor noch gar nicht gab - ein Riesenspaß für alle Beteiligten.
Über 60 Kostüme mussten genäht, ein Brunnen gebaut, goldene Kugeln, ein Froschkönig, ein magischer Spiegel und viele anderen Märchen-Accessoires hergestellt, aufgebaut und anschließend wieder weggeräumt werden - doch es hat sich gelohnt! Schneewittchen auf der Flucht kam nicht nur beim Publikum gut an, sondern hat allen Beteiligten große Freude bereitet und die Lust zum Weiterspielen geschürt.
Und wenn sie nicht gestorben sind, dann spielen sie noch heute....