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"Komm, wir machen eine Revolution"

Außergewöhnliches Theaterprojekt des jungen Regisseurs Wolfgang Nägele in Zusammenarbeit mit dem Theaterkurs der Kollegstufe des IKG macht Landsberger Altstadt zur Bühne des Geschehens und Publikum zu Akteuren

BahnhofHP.JPGLandsberg Bahnhof, 18 Uhr. Das Publikum hat sich versammelt. Soeben sind unter den schrägen Klängen von Blasmusik und Kinderchor dem gerade eingefahrenen Regionalexpress zwei junge Männer in abgerissenen Uniformen entstiegen. Der Bürgermeister hält eine Rede auf die Helden des Weltkrieges, die beiden Heimkehrer und die Gefallenen, die ihr Leben ließen für König und Vaterland: „Ihr Tod soll nicht umsonst gewesen sein!“ Doch seine Worte gehen bald im störenden Rauschen eines Lautsprechers unter. Alle halten sich die Ohren zu – nur die beiden Veteranen stehen mit leeren Blicken unbewegt da. Ein Text von Oskar Maria Graf wird nun quasi „live übertragen“: Auf der Theresienwiese wird die Revolution ausgerufen und von Kurt Eisner angeführt.

LauterbachHP.JPGSpätestens jetzt wird den Zuschauern klar: Sie werden Zeugen der Bayerischen Räterevolution von 1918/19, gerade in diesem Augenblick springt der Funke von München auf Landsberg über. Mitten im Publikum ruft ein Arbeiter zum Umsturz gegen das „bourgeoise Ausbeuterregiment“ auf und streut Flugblätter unters Volk: „Arbeit ... Brot ... Gerechtigkeit“ –  Chaos bricht aus, ein Schuss fällt, die Polizei greift ein, verliert die Kontrolle und bringt die Honoratioren fluchtartig in Sicherheit. Schon formieren sich die Revolutionäre zum Sturm auf Landsberg – da erwachen die Heimkehrer zum Leben. Der eine lässt sich begeistern von der Idee einer anderen Gesellschaft, träumt von einer besseren Welt, FestnahmeHP.JPGist Feuer und Flamme für den Umsturz. Doch sein Freund hat genug vom Kämpfen und will nichts wissen von Umsturz und Revolte, will nur noch Ruhe, Ordnung, Sicherheit. Eine hitzige Diskussion entspinnt sich unter den Kameraden. Hier scheiden sich die Geister – und die Wege. Während Anton den roten Revolutionären folgt, bleibt Hans zurück; doch auch er wird kämpfen – auf Seiten der weißen Reaktionäre. Hinter roten Stoffbahnen zieht die Schar der neuen Proletarier, ein Arbeiterlied singend, über die Katharinenbrücke in die Altstadt, gefolgt vom Publikum, das Partei geworden ist. Bis es am Ende selbst auf der Bühne des Landsberger Stadttheaters steht, erlebt es an insgesamt sechs  Stationen hautnah Geschichte in Geschichten, wie sie von Literaten und Künstlern erzählt wurden, die als Protagonisten und Chronisten maßgeblich an der Münchner Räterepublik beteiligt waren, u.a. Oskar Maria Graf, Ernst Toller, Gustav Landauer, Erich VerhörHP.JPGMühsam, Josef Hofmiller, Eugen Leviné. Dabei wechseln sich dramatische Szenen ab mit narrativen Texten, Gedichten und Liedern, und bieten den Zuschauern die Gelegenheit, dem Geist dieser Zeugnisse nachzuspüren und die Motivation der Beteiligten nachzuvollziehen: das rührend Naive, der unbedingte Wille, die Welt zu etwas Besserem zu machen, der Kampf für die unbedingte Freiheit.

Wolfgang Nägele, der als Regisseur und Dramaturg schon an bekannten Theatern und Opernhäusern gearbeitet hat, ist neun Jahre nach seinem Abitur  ans IKG zurückgekehrt, um mit dem Theaterkurs der Kollegstufe unter der Leitung von Florian Kopp anlässlich der 850-Jahr-Feier der Stadt Landsberg seinHPZuschauerFinale.JPG ehrgeiziges Projekt auszuführen. Mitwirkende sind ferner die Bläser der Waldorfschule, der Kinderchor der Musikschule und mit Moritz von Treuenfels und Rasmus Wirth zwei professionelle Schauspieler. Für die Schülerinen und Schüler des Oberstufentheaters bot sich mit diesem Projekt eine ganz besondere Chance, ihr Können unter Beweis zu stellen. Dass sie bei aller Interaktion mit dem Publikum niemals aus ihrer Rolle fielen, verdankten sie einer außergewöhnlich intensiven Vorbereitung. Der Premiere des Stücks am 23. Mai 2012 gingen unzählige Proben voran, die den Schülerinnen und Schülern ein hohes Maß an Einsatz und Hingabe abverlangten. Das Ergebnis konnte sich dann aber (im wahrsten Sinne des Wortes) sehen lassen.

 

 

 

 

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