Lewinsky - Clinton? Bella - Edward? Semele - Jupiter?
Kammerchor-Schülerinnen nahmen an einem Workshop des Gärtnerplatztheaters in München teil und erschlossen sich mit Händels "Semele" ein 300 Jahre altes barockes Opernwerk.
Was zieht Frauen zu mächtigen, außergewöhnlichen Männern hin? Die Oper „Semele“ von G.F.Händel beleuchtet dieses Phänomen auf barocke Manier: die sterbliche Semele wird zur Geliebten von Göttervater Jupiter. Eigentlich wünscht ihr Vater, dass sie den braven Athamas heiratet, Semele aber interessiert sich nicht für ihren bürgerlichen Bräutigam, sie lässt sich von Jupiter aus ihrer eigenen Hochzeitszeremonie entführen. Als Juno, die Frau Jupiters, von der Affäre erfährt leitet sie einen Rachfeldzug ein: Um sich selbst die Hände nicht schmutzig zu machen, sucht sie nach einer eleganten Möglichkeit, wie sie Semele dazu bringen kann, sich selbst ins Verderben zu stürzen. Am Ende werden ihr Ehrgeiz, Machtgier und Wunsch, auch unsterblich zu werden, zum Verhängnis...
Am Freitag, den 6.7.2018 trauten sich zwölf besonders interessierte Schülerinnen des Kammerchores, den ganzen Nachmittag mit dem 300 Jahre alten Werk auseinanderzusetzen und sich in die Sprache des barocken Oratoriums einzuarbeiten. Händel ging nämlich ursprünglich nicht von einer szenischen Aufführung aus, er veröffentlichte „Semele“ als weltliches Oratorium. Nach einigen allgemeinen Informationen zur barocken Musizierpraxis, erarbeiteten sich die Teilnehmer die Handlung des Oratoriums, indem jeder in eine Rolle schlüpfte und die Schlüsselszene zwischen Juno, Semele und Jupiter nachgespielt wurde. Mit großer Ernsthaftigkeit und dem richtigen Schuss Pathos ging´s auf dem Olymp rund: Liebesblinde Jupiter, rasende Junos und schmeichelnde Semeles trafen im Musiksaal aufeinander! Danach studierten wir einige der Arien gemeinsam ein, übten barocken Koloraturengesang und analysierten die Verzierungspraxis der Sängerinnen und Sänger anhand verschiedener Aufnahmen. Wer ersetzt die barocken Kastratensänger? Wie singen Countertenöre?
Nach einer guten Portion Fachsimpeln und gut gestärkt durch ein reichhaltiges Keks-Buffet machten sich die Schülerinnen mit ihrer Lehrerin Agnes Flatz per Bahn auf den Weg zum Gärtnerplatztheater in München, begleitet vom musikbegeisterten ehemaligen Kollegen H. Kolditz. Ein kurzer Stadtbummel diente zum Durchatmen vor dem dreistündigen Opernabend. Hinterher waren sich alle einig, dass man durch die genau Auseinandersetzung mit dem Werk im Vorfeld die Aufführung viel detaillierter und fundierter genießen konnte! Erschöpft nach einer langen Schulwoche aber voll von schönen neuen musikalischen Eindrücken kamen sie nach Mitternacht wieder in Landsberg an. Das Format soll im nächsten Schuljahr aufgrund der vielen positiven Rückmeldungen im Rahmen des Kammerchores weitergeführt werden.
Gärtnerplatztheater Pressefotos - © Thomas Dashuber (oben), © Christian POGO Zach (unten)