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- Info
Astronomie am Pekinger Hof
von Klaus Rechenberger Zeichungen von
Walter Etschmann
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Vorbemerkung zum
Bildmaterial |
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Im Rahmen der künstlerischen Ausgestaltung des
Erweiterungsbaus des Ignaz-Kögler-Gymnasiums 1980 erhielt die Schule von Herrn
Prof. Dr. Wolfgang Bauer, München, Einblick in eine japanische Beschreibung
Chinas von 1805 mit Abbildungen der Pekinger Sternwarte und der dort
aufgestellten astronomischen Großgeräte. Die Holzschnitte in diesem Buch von
1805 sind vielleicht die einzigen genauen Abbildungen der Sternwarte, die Ignaz
Kögler über drei Jahrzente leitete. Da die Holzschnitte des japanischen Buches
für eine Reproduktion nicht geeignet waren, erstellte Walter Etschmann, bis 1991
Kunsterzieher an unserer Schule, anhand der Vorlage die in diesem Artikel
wiedergegebenen Zeichnungen der Sternwarte und der astronomischen
Geräte. |
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Astronomie in
China |
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Als Ignaz Kögler im November und Dezember 1716
im Alter vo 36 Jahren von Makao nach Peking reiste, um dort die Chinamission der
Jesuiten zu verstärken, hatte er eine für die damalige Zeit erstaunliche
Karriere hinter sich, die den aus kleinstädtischen Verhältnissen stammenden
Kürschnersohn zum Professor für Mathematik und Astronomie an die Universität
Ingolstadt geführt hatte. Es ist aus heutiger Sicht nicht ohne weiteres zu
verstehen, weshalb die Chinamission seit ihrer Begründung durch den
italienischen Jesuiten Matteo Ricci (1552 bis 1610) stets von Mathematikern und
Astronomen geleitet wurde, denn dazu bedarf es eines Einblicks in die
chinesische Geisteswelt und in die Bedeutung der Astronomie für den chinesischen
Staat. Astronomie hat in China eine lange Tradition. Bereits im Jahr 3400 v.Chr.
wurden auf Befehl des Kaisers Fohi Untersuchungen über die Bahn der Gestirne
angestellt. Die ältesten noch erhaltenen astronomischen Aufzeichnungen beginnen
mit dem Jahr 2500 v.Chr. und berichten von Sonnen- und Mondfinsternissen und
über das Auftauchen von Kometen und neuen Sternen. Diese Beobachtungen waren für
den Staat von größter Wichtigkeit, da die chinesische Staatsreligion von der
Anschauung ausging, dass zwischen irdischen und himmlischen Ereignissen und
Gegebenheiten, räumlich und zeitlich betrachtet, vollständige Übereinstimmung
besteht. Dem Himmel wird die Erde gegenüber gestellt, deren Mitte das
Chinesische Reich bildet. Lenker des Himmels ist der am Himmelspol, dem
Polarstern, herrschende Gott Scheng-di, dem auf Erden der Kaiser entspricht.
Ereignet sich daher am Himmel etwas "Ungehöriges", zum Beispiel eine
Mondfinsternis, so kann dies nur durch ungesetzliches, schlechtes Verhalten des
Kaisers oder seiner Minister verursacht worden sein. Der Kaiser muss daraufhin
Buße tun und die Ordnung auf der Erde wieder herstellen. Für die
Himmelsbeobachtung wurden vom Staat Astronomen eingestellt, ein Beruf mit hohem
Risiko, da Nachlässigkeiten gewöhnlich mit dem Tode bestraft wurden. Die Aufgabe
dieser Beamten bestand nicht nur darin, die außergewöhinlichen Ereignisse in die
Sternbücher einzutragen, sondern sie nach Möglichkeit vorauszuberechnen, damit
der Kaiser für seine staatlichen Maßnahmen den richtigen Zeitpunkt wählen
konnte. |
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Der chinesische
Kalender |
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Wie in Europa, so ist auch in China die
scheinbare Bewegung der Sonne am Sternenhimmel das Maß für die Einteilung des
Jahres. Im Mittelalter wurde das Jahr vom Stand der Sonne zum Zeitpunkt der Tag-
und Nachtgleiche im Frühjahr, dem Frühlingspunkt, bis zum folgenden
Frühlingspunkt gemessen. Moderne Präzisionsmessungen haben ergeben, dass die
Sonne nach 365,242199 Tagen wieder an ihrem Ausgangspunkt steht. Unser
Kalenderjahr besteht aber nur aus 365 Tagen. Der Überhang von 0,242199 Tagen
wird im Februar jedes vierten Jahres als 366. Tag hinzugefügt. Da aber 4 x
0,242199 Tage keinen ganzen Tag ergibt, sondern weniger, gibt es seit der
Kalenderreform 1582 von Papst Gregor XIII. eine weitere Schaltregel. Sie besagt,
dass der Schalttag in allen durch 100 ohne Rest teilbaren Jahren ausfällt, mit
Ausnahme der durch 400 ohne Rest teilbaren Jahre. Das Jahr 1900 war also kein
Schaltjahr, das Jahr 2000 besteht aus 366 Tagen. Der chinesische Kalender war
noch erheblich komplizierter. Während in Europa die Länge eines Monats
willkürlich bestimmt wurde, richtete sich die Länge eines chinesischen Monats
nach der Dauer des Mondumlaufs von Vollmond zu Vollmond, das sind 29,5 Tage.
Zwölf Monate ergeben nur 354 Tage. Um das Jahr aufzufüllen, mussten innerhalb
von 5 Jahren zwei Schaltmonate eingefügt werden. Da aber immer noch ein Rest von
etwa 3 Tagen übrigblieb, stimmten über längere Zeiträume die Jahreszeiten nicht
mehr mit den Monaten überein. Eine weitere Schwierigkeit bestand in der
Durchführung der zwei Messungen, die die Grundlage des Kalenders bildeten. Die
Bestimmung des Zeitpunktes, an dem die Sonne den Frühlingspunkt einnimmt, und
des Alters des Mondes an diesem Tage. Da die Messungen und Berechnungen von
Sonnen- und Mondbahn in China nicht genau waren, konnte es nicht ausbleiben,
dass der Kalender ständig in Unordnung geriet. Seit der HanDynastie (208 v.Chr.
bis 8 n.Chr.) waren über 70 Kalender neu gestaltet worden, einer so falsch wie
der andere. |
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Astronomie und
Chinamission |
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Als die Jesuiten Ende des 16. Jahrhunderts
nach Peking kamen, waren sie sich ihrer naturwissenschaftlichen Überlegenheit
wohl bewußt. Sie verfügten über einen genauen Kalender und über die modernsten
Kenntnisse in Geometrie und Algebra, die es ihnen ermöglichten, Planeten-,
Sonnen-, und Mondbahnen ebenso wie Sonnen- und Mondfinsternisse zu berechnen.
Zudem waren die europäischen Messinstrumente präziser als die chinesischen, so
dass den Berechnungen verhältnismäßig exakte Messwerte zugrunde gelegt werden
konnten. Der Erfolg blieb nicht aus. 1644 wurde der deutsche Jesuit Adam Schall
zum Leiter des astronomischen Büros in Peking ernannt und bis zum Ende der
Chinamission 1773 besetzten die Jesuiten hohe chinesische Beamtenposten. Auch
Ignaz Kögler wurde 1720 zum Präsidenten des astronomischen Hofgerichts ernannt.
Ihre Kompetenz in der Astronomie nutzten die Jesuiten für ihre eigentliche
Aufgabe, die Missionierung Chinas, indem sie sich für den chinesischen Kaiser
unentbehrlich machten und gleichzeitig versuchten, ihre Überlegenheit auf
wissenschaftlichem Gebiet als Beweis für die Überlegenheit des Christentums
auszugeben. In der Zeit, als Kögler in Peking wirkte, führte diese
Koppelung zwischen Wissenschaft und Glauben zu einem Konflikt zwischen dem
wissenschaftlichen Anspruch der Jesuiten und der Autorität der Kirche. Diese
verbot der Mission, das moderne heliozentrische Weltbild zu verbreiten, obwohl
es für einen ernstzunehmenden Wissenschaftler wie Kögler keinen Zweifel an der
Richtigkeit und Überlegenheit dieses Weltbildes gab. Der Grund für dieses Verbot
war die Befürchtung der Kirche, dass eine Korrektur des Weltbildes Zweifel an
der Überlegenheit des Christentums verursachen würde. Kögler als Wissenschaftler
setzte sich teilweise über dieses Verbot hinweg. Bei der Konstruktion eines
Messinstrumentes, das er 1744 im Pekinger Observatorium aufstellen ließ,
berücksichtigte er die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse seiner
Zeit. |
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Ignaz Kögler als
Astronom |
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Die
wissenschaftlichen Arbeiten von Kögler erschienen in China (in chinesischer
Sprache) und in Europa (in Latein). Sie sind nur noch sehr schwer zugänglich.
1744 erschien das Werk Yi-xiang gao zheng (Vollständige Studien astronomischer
Instrumente). Einer weiteren Auflage von 1757, also mehr als 10 Jahre nach
Köglers Tod, wurde ein Sternenkatalog, in dem 3083 Sterne verzeichnet waren,
beigefügt. An der Beschreibung und Vermessung dieser Sterne war Kögler noch
maßgebend beteiligt. Die Hochschätzung der astronomischen Arbeiten von Kögler
und seinen Mitarbeitern durch den chinesischen Kaiser zeigte sich an dem vom
Kaiser selbst verfassten Vorwort zu dieser Auflage. Das Werk wurde 1914 von
Tsutsihash und Chevalier übersetzt. Ebenfalls erst nach dem Tode Köglers
erschien 1752 das Werk Huang Daozong Xingdu (Sternkarte auf der Basis
ekliptischer Koordinaten). Neben diesen chinesischen Werken gaben Kögler und
seine Mitarbeiter auch in Europa eine Reihe von Berechnungen und Beobachtungen
heraus. Im Deutschen Museum in München findet sich ein Werk, dessen Titelblatt
Abb. 1 zeigt. Die Übersetzung lautet: Zweiter Teil der Erkenntnisse über die
Finsternisse, die im Auftrag und im Einverständnis mit den Chinesen
veröffentlicht wurden. Beobachtungen von Finsternissen und verschiedenen
Himmelserscheinüngen, die in China angestellt wurden. Vom hochwürdigsten Pater
Ignaz Kögler, dem Vorsitzenden für Astronomie an der kaiserlichen Akademie in
Peking und anderen Patres der "Gesellschaft Jesu ausgewählt, zusammengestellt
und für das öffentliche Wohl herausgegeben unter Hinzufügung der Übereinstimmung
mit europäischen Beobachtungen durch Gelehrte derselben Gesellschaft." Das Buch
ist 1745 in Lucca erschienen. Kapitel I und II beschäftigen sich mit der
Beobachtung einer Mondfinsternis vom 22. Oktober 1725 und einer Sonnenfinsternis
vom 29. Dezember 1731. Diese Naturereignisse sind heutzutage allgemein bekannt.
Da die Ebene der Mondbahn gegen die Ebene der Erdbahn geneigt ist, kann eine
Finsternis nur dann eintreten, wenn sich die Sonne auf der Schnittgeraden dieser
beiden Ebenen befindet, denn nur in diesem Fall liegen Sonne, Erde und Mond auf
einer Linie. Dies geschieht zweimal im Jahr. Das Zustandekommen einer Finsternis
hängt aber noch vom Abstand Erde Mond und von der jeweiligen Lage des
Beobachtungsortes ab. Finsternisse finden deshalb nicht regelmäßig statt, und
dies ist wohl ein Grund für die jahrtausendelange Furcht vor diesen Phänomenen.
Die nächste totale Sonnenfinsternis, in der die Sonne vollständig vom Mond
verdeckt sein wird, kann in Landsberg am 11.8.1999 beobachtet werden. Kap.
III beschäftigt sich mit dem Planeten Jupiter und seinen Monden. Dies ist ein
sehr interessantes Thema, da durch die Entdeckung und Beobachtung der
Jupitermonde das geozerrtrische Weltbild von Aristoteles und Prolemäus
entscheidend widerlegt werden konnte. Bis weit ins Mittelalter hinein galt die
Vorstellung, daß die Planeten auf beweglichen Kugelhalbschalen aus Kristall
angeheftet sind. Im Jahre 1620 entdeckte Galilei die viele großen Jupitermonde
und stellte fest, dass sie den Jupiter auf Bahnen umkreisen, die von der Erde
aus gesehen zeitweise hinter dem Planeten verlaufen, also die Kristallschalen
durchstoßen. Galilei wertete diese Entdeckung als Modell und Bestätigung des
kopernikanischen heliozentrischen Weltbildes. In Kap. IV wird die Konjunktion
von Planeten untersucht, also der Frage, wann die Erde und zwei weitere Planeten
auf einer Geraden liegen, nachgegangen. Die beiden restlichen Kapitel
beschäftigen sich mit der Beobachtung von Kometenbahnen und der Verdeckung von
Sternen durch den Mond. Zu diesen Untersuchungen wurden von Kögler und seinen
Mitarbeitern umfangreiche Messungen mit den Geräten der Pekinger Sternwarte
durchgeführt. Um die Bauweise und Funktion dieser Geräte zu verstehen, bedarf es
einiger Kenntnisse über die Festlegung von Objekten am
Sternenhimmel. |
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Astronomische
Koordinatensysteme |
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Beobachtet man während einer klaren Nacht den Sternenhimmel im
Osten oder im Westen, so kann man schon nach wenigen Minuten feststellen, dass
sich die Sterne im Osten vom Horizont entfernen und sich im Westen dem Horizont
nähern. Peilt man über eine feste Richtmarke einen Stern im Süden an, so bemerkt
man, dass er sich von links nach rechts Osten nach Westen bewegt.Besonders
deutlich sieht man diese Bewegung, wenn man den Himmel mit einer feststehenden
Kamera und langer Belichtungszeit fotografiert. Diese scheinbare tägliche
Drehung des Hirnmelsgewölbes erfolgt aufgrund der Rotation der Erde um ihre
Achse. Die Sterne bleiben am gleichen Ort, daher auch die Bezeichnung
Fixsterne. Für die Untersuchung der Bewegung der Sterne und ihrer Verteilung,
aber auch für die Orientierung auf hoher See ist es notwendig, den Ort eines
Hirnmelsobjektes zu einem bestimmten Zeitpunkt festlegen zu können. Dies
geschieht durch Messungen in einem geeigneten Koordinatensystem. Der Ort eines
Himmelskörpers im Raum ist durch die Angabe der Richtung, in der er steht, und
durch seine Entfernung vom Beobachter eindeutig bestimmt. Die Entfernung ist nur
sehr schwer zu messen, sie ist aber für viele astronomische Untersuchungen ohne
Belang. Man arbeitet deshalb mit der Vorstellung, dass sich alle Sterne in der
gleichen Entfernung vom Beobachter befinden, also auf einer Kugel um den
Beobachter liegen, die Himmelskugel oder Himmelssphäre genannt wird. Es gibt
verschiedene astronomische Koordinatensysteme. Gemeinsam ist ihnen die Wahl
einer Grundebene durch den Kugelmittelpunkt M, von der die Sphäre in einem
Kreis, dem Grundkreis geschnitten wird. Auf diesem wird ein Nullpunkt N gewählt.
Die Festlegung der Richtung eines Gestirns S geschieht durch Angabe zweier
Winkel (x in der Grundebene und b in einer Ebene senkrecht zur
Grundebene. Von den verschiedenen astronomischen Koordinatensystemen sollen
nur die drei beschrieben werden, die bei den Messungen mit den Geräten der
Pekinger Sternwarte verwendet wurden. |
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Das
Horizontsystem |
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Es ist das älteste
Koordinatensystem der Astronomie, da es keinerlei Kenntnisse über die Gestalt
der Erde benötigt. Als Grundebene wird die Horizontalebene des Beobachters
verwendet. Sie schneidet die Himmelskugel im Horizont. Der Nullpunkt N wird
durch die Nordrichtung festgelegt. Den Winkel a nennt man den Azimut, b die Höhe
des Sterns. Die Koordinaten a und b lassen sich zwar sehr einfach messen, aber
sie ändern sich von Augenblick zu Augenblick, so dass zusätzlich noch der
Zeitpunkt der Messung notiert werden muß. Ein weiterer Nachteil besteht darin,
daß Beobachter an verschiedenen Orten für ein und denselben Stern zum gleichen
Zeitpunkt verschiedene Koordinaten messen, da ihre Grundebenen verschieden sind.
Zur Erstellung allgemeingültiger Sternkarten werden deshalb andere Koordinaten
benötigt. |
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Das Ekliptikale
System |
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Der Grundkreis dieses Systems ist die Ekliptik, das ist die Bahn,
die von der Sonne im verlauf eines Jahres scheinbar um die Erde beschrieben
wird. Abb. 4 zeigt, wie diese scheinbare Bewegung zustande kommt. Die Erde
bewegt sich auf einer Ellipsenbahn um die feststehende Sonne. Da die Fixsterne
sich ebenfalls nicht bewegen, hat es von der Erde aus gesehen den Anschein, als
würde sich die Sonne in Bezug zum Sternenhimmel von Westen nach Osten bewegen.
Der täglich zurückgelegte Weg beträgt etwa º. Da die Ekliptik innerhalb eines
Jahres durchlaufen wird, ist sie schwieriger zu beobachten als die scheinbare
tägliche Bahn der Sonne. Die Ekliptik lässt sich nur erkennen, wenn regelmäßig
der Stand der Sonne unter den Sternen beobachtet wird. Dies geschieht durch
Entfernungsmessungen zwischen der Sonne und einigen sehr hellen Fixsternen, die
im Fernrohr auch am Tageshimmel zu sehen sind. Zur Bestimmung,der Ekliptik ohne
Fernrohr wird jeden Mittag Azimut und Höhe der Sonne gemessen und um Mitternacht
ein Stern mit den gleichen Koordinaten gesucht. An diesem Punkt steht dann die
Sonne ein halbes Jahr später. Längs der Ekliptik sind die zwölf Sternbilder des
Tierkreises angeordnet. Diese Sternbilder werden häufig mit den Tierkreiszeichen
gleichen Namens verwechselt. Die Tierkreiszeichen, wie sie Abb. 4 zeigt, sind
die Abschnitte der in zwölf gleiche Teile geteilten Ekliptik. Diese Teilung
wurde schon im zweiten vorchristlichen Jahrtausend in Babylonien eingeführt.
Damals stimmten die Tierkreiszeichen und Sternbilder noch überein. Da sich aber
die Lage der Ekliptik in langen Zeiträumen verändert, sind die Bilder und
Zeichen gegenwärtig um 30º verschoben. Steht die Sonne im Sternbild der Fische,
so befindet sie sich im Abschnitt Widder. Wird die Ekliptik als Grundkreis eines
Koordinatensystems verwendet, so muss auf ihr ein Nullpunkt gewählt werden. Es
ist der Standort der Sonne zum Frühlingsbeginn am 21. März, er heißt deshalb
Frühlingspunkt. |
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Das bewegliche
Äquatorsystem |
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In diesem System bildet der Himmelsäquator den
Grundkreis. Man erhält ihn durch Projektion des Erdäquators vom Erdmittelpunkt
aus auf die Himmelskugel. Für einen Beobachter am Äquator liegt der
Himmelsäquator senkrecht über ihm im Zenit. Ein Beobachter am Ort B der
geographischen Breite j muss über einfache Kenntnisse aus der Geometrie
verfügen, wenn er den Himmelsäquator sucht.
Anhand der Abbildung rechts kann er sich überlegen, dass die geographische
Breite j ebenso groß ist wie die Polhöhe, das ist der Winkel zwischen dem
Horizont und dem über dem Nordpol stehenden Polarstern. Der Beobachter misst
also zunächst die Polhöhe, erhält dadurch den Winkel j , trägt ihn dann von der
Senkrechten nach Süden mit einem Messinstrument ab und gewinnt so die Richtung
zum Hirnmelsäquator. Der Nullpunkt des beweglichen Äquatorsystems ist der
Frühlingspunkt, der ein Schnittpunkt von Himmelsäquator und Ekliptik ist. Die
am Himmeläquator vom Fußpunkt aus gezählte Koordinate a heißt Rektaszension, b
heißt Deklination (Abb. 3). Da der Frühlingspunkt an der scheinbaren täglichen
Bewegung des Sternenhimmels teilnimmt, sind diese Koordinaten zum Zeitpunkt der
Messung unabhängig. Für sehr weit entfernte Objekte, und dies sind alle
Fixsterne, hat auch der Ort der Messung keinen Einfluss auf die Ergebnisse.
Deshalb sind Rektaszension und Deklination die heutzutage in Sternverzeichnissen
aufgeführten Koordinaten. |
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Die Messinstrumente der
Sternwarte in Peking |
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Das Observatorium in Peking (siehe oben!) besaß
die klassischen Beobachtungsinstrumente, die vor der Erfindung des Fernrohrs in
Gebrauch waren. Die Abb. 6 zeigt die Sternwarte in dem Zustand, in dem Kögler
sie bei seinem Eintreffen in Peking vorfand. Im Vordergrund sind links und
rechts je eine Armillarsphäre aufgestellt, dazwischen befindet sich ein
Himmelsglobus. In der Mitte der Abbildung steht eine Azimutalsphäre und im
Hintergrund links ein Quadrant und rechts ein Sextant. Nach der Übernahme der
Sternwarte verbesserte Kögler die Messeinrichtungen dieser Geräte und schuf 1744
eine weitere Armillarsphäre. |
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Die
ArmiIlarsphäre |
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Die Armillarsphäre ist ein sehr
altes astronomisches Beobachtungsinstrument. Sie wurde bereits von Ptolemäus
(83-161) in seinem Handbuch der Astronomie beschrieben und war bis Mitte des 18.
Jahrhunderts in Gebrauch. Die Abb. 7 zeigt eine Armillarsphäre aus dem Jahr
1580. Sie besteht aus zwei festen zueinander senkrechten kreisförmigen Ringen,
von denen der eine den Grundkreis im Sinne des verwendeten Koordinatensystems
darstellt. Ein dritter mit einem verschlebbaren Visier versehener Ring ist um
die senkrechte Achse des Grundkreises drehbar gelagert. Der bewegliche Ring und
das Visier werden so eingestellt, daß der zu beobachtende Stern über dem
Mittelpunkt der Kugel sichtbar wird. Die Koordinaten des Sterns lassen sich dann
auf den Gradeinteilungen der Kreise ablesen.
Die verschiedenen Typen von
Armillarsphären unterscheiden sich durch die Lage des Grundkreises je nach Art
des verwendeten Koordinatensystems: |
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Armillarsphäre |
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Koordinatensystem |
Grundkreis |
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Äquinoctialarmille |
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Horizontsystem |
Horizont |
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Zodiakalarmille |
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Ekliptiales
System |
Ekleptik |
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Äquatorialarmille |
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Bewegtes
Äquatorsystem |
Äquator |
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Das Pekinger Observatorium besaß
alle drei Typen. Sie hatten jeweils einen Durchmesser von 180 cm. Um mehrere
Sterne gleichzeitig messen zu können, besaßen diese Instrumente jeweils 2
bewegliche Ringe. Die Äquinoctial und Zodiakalarmille wurden 1673 von Ferdinand
Verbiest (1623-1688), die Äquatorialarmille 1744 von Kögler aufgestellt, sie ist
in Abb. 8 dargestellt. |
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Der
Quadrant |
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Der Quadrant (Abb. 9) besteht aus einem in vertikaler Ebene
aufgestellten Viertelkreis, der mit einer Einteilung von 0' bis 90' versehen ist
und ein verschlebbares Visier trägt. Dieses Instrument wurde hauptsächlich zur
Bestimmung der Sonnenhöhe verwendet. Um dem täglichen Lauf der Sonne folgen zu
können ist der Quadrant um eine senkrechte Achse drehbar gelagert. Wird die
Sonne über den Mittelpunkt des Kreises anvisiert, so läSst sich ihre Höhe an der
Skala ablesen, und durch regelmäßige Messungen die Zeitpunkte der Sonnenwenden
bestimmen. |
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Die
AzimutaIsphäre |
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Um den Azimutalwinkel der Sonne zu
bestimmen, besitzt die Azimutalsphäre (Abb. 10) einen mit Gradeinteilung
verschenen horizontalen Grundkreis auf dessen Mittelpunkt eine senkrechte Achse
steht. Ein gleichschenkliges Dreieck, dessen Schenkel aus Draht gefertigt sind,
lässt sich um diese Achse drehen. Wird die Sonne so angepeilt, dass sie in der
Ebene des Dreiecks liegt, so kann der Azimutalwinkel an der Grundseite des
Dreiecks auf der Skala abgelesen werden. |
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Der
Sextant |
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Der Sextant scheint von Tycho Brahe (1546-1601), einem berühmten
dänischen Astronomen, erfunden worden zu sein, um die Winkel zwischen zwei
Sternen messen zu können. Später, in der ersten Hälfte des 18. Jahrhundert,
wurde der Sextant zum Spiegelsextanten weiterentwickelt, wie er heute noch als
nautisches Instrument verwendet wird. Der 1673 in Peking entstandene Sextant
(Abb. 11) besteht aus dem sechsten Teil eines Kreises. Durch eine geeignete
Lagerung kann der Kreissektor in verschiedene Richtungen bewegt und so
eingestellt werden, dass die zu vermessenden Sterne in der Ebene des
Sektors liegen. Nacheinander werden die beiden Sterne vom Kreisbogen aus über
den Mittelpunkt anvisiert und so der Winkel zwischen ihnen
bestimmt. |
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Der
Himmelsglobus |
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Der Himmelsglobus (Abb. 12) dient der Orientierung an der
Himmelskugel. In Peking hat der Globus einen Durchmesser von 1,8 m und ist um
die Himmelsachse drehbar gelagert. Mit Hilfe beweglicher Ringe lassen sich wie
bei der Armillarsphäre die Sternkoordinaten einstellen, um die ausgemessenen
Sterne einzutragen oder bereits eingetragene Sterne wiederzufinden. Die
Jesuiten benutzen die Pekinger Sternwarte bis zum Jahr 1773, dem Ende der
Chinamission. Nach der Niederschlagung des Boxer-Aufstandes von 1901 durch die
Europäer wurden die Beobachtungsinstrumente nach Potsdam gebracht und dort
ausgestellt. Sie mussten jedoch im Rahmen des Versailler Vertrages an China
zurückgegeben werden und so erhielten sie wieder ihren alten
Standort. |
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