Flüchtlingsrettung im Mittelmeer
Lifeline-Kapitän Claus-Peter Reisch hielt vor den Schülerinnen und Schülern der Oberstufe in der IKG-Aula einen Vortrag über eine ungeheuerliche menschliche Tragödie, die sich im Mittelmeer abspielt. Er folgte damit einer Einladung der Fachschaft Geografie und der AG Eine Welt.
Wenn sich die Schülerinnen und Schüler des Ignaz-Kögler-Gymnasiums in Landsberg am Lech in der Aula versammeln, ist das ein Meeting mit über 250 Menschenrechtsaktivisten, so tweetete Claus-Peter Reisch, der Kapitän des Seenotrettungsschiffes „Lifeline“, am 29.11.2018 nur wenige Stunden nach seinem Vortrag zum Thema „Flüchtlingsrettung im Mittelmeer“, dem die Schülerinnen und Schüler der gesamten Q12 und Q11, der Klasse 10b sowie der AG EINE WELT gebannt gefolgt waren.
Der 57-jährige Landsberger, der mit seiner Crew in zahlreichen Rettungsmissionen bereits hunderte Menschen vor dem sicheren Tod durch Ertrinken bewahrt hat, hatte für das Auditorium ein eindrucksvolles Referat vorbereitet, welches sich auf Filmmaterial über sein Rettungsschiff, seine Organisation und seine Tätigkeit auf See stützte. An geeigneten Stellen unterbrach Kapitän Reisch immer wieder die Filmsequenzen, um den Zuhörern noch genauere Informationen aus erster Hand zu liefern.
Er beschrieb die technische und medizinische Ausstattung des Schiffs, erzählte von seinen Crewmitgliedern, die alle ehrenamtlich auf der Lifeline arbeiten und wie er selbst eigentlich dazu kam, sich als Seenotretter zu engagieren.
Zudem berichtete er in Wort und Bild eindringlich von konkreten Rettungsaktionen, die oft, aber leider nicht immer erfolgreich waren. Manchmal erreichte sein Schiff schlicht und ergreifend zu spät eines der gekenterten Schlauchboote voller Flüchtlinge…
Eine Intention dieses Vortrags war, den Schülerinnen und Schülern einen realistischen Einblick in die aktuelle Situation auf dem Mittelmeer zu ermöglichen. Kapitän Reisch ersparte es seinem Publikum daher nicht, auch Bilder von ertrunkenen Menschen zu zeigen. Obwohl die Aula voll besetzt war, wurde es bei diesen Szenen sehr, sehr still. Alle im Saal waren betroffen und es wurde uns mehr als bewusst, dass es sich bei den tausenden ertrunkenen Flüchtlingen nicht nur um anonyme statistische Zahlen, sondern um ganz konkrete Menschen handelt.
Als Herr Reisch schließlich auf die politischen Umstände zu sprechen kam und erzählte, wie z.B. die derzeitigen Regierungen Italiens und Maltas die Arbeit der Seenotretter behindern, als er berichtete, dass er derzeit leider nur Vorträge halten könne anstatt auf See zu helfen, weil sein Schiff samt Crew in Malta festliege, und dass sein anstehender Prozess aus nur allzu durchsichtigen Gründen seit Monaten immer wieder verschoben werde, reagierten die Zuhörer in der Aula deutlich mit Unverständnis und Empörung.
In der abschließenden Diskussionsrunde zeigten unsere Schülerinnen und Schüler durch ihre zahlreichen sensiblen und intelligenten Fragen großes Interesse. Wie nicht zuletzt sein eingangs erwähnter Tweet verdeutlicht, freute sich Claus-Peter Reisch sichtlich über diese Resonanz und antwortete gerne. Leider beendete der 13-Uhr-Gong viel zu früh diese hochinteressante, aufwühlende und politisch-brisante Veranstaltung. Knapp 90 Minuten reichen natürlich nicht aus, um ein solch komplexes Thema abschließend zu behandeln, aber die allermeisten Schülerinnen und Schüler werden das Thema Migration ab jetzt aufmerksamer und mit anderen Augen verfolgen, viele werden durch diesen Vortrag zu etwas politischeren Menschen und manche werden vielleicht tatsächlich – so wie Herr Reisch geschrieben hat – zu echten Menschenrechtsaktivisten.
Claus-Peter Reisch wurde im Juli 2018 von der bayerischen Landtagsfraktion der SPD mit dem Europapreis ausgezeichnet. Als Begründung hieß es, dass Menschen wie er "die Werte, für die unsere Gemeinschaft stehe, am Leben halte." In ihrer Begrüßung des Referenten machte Schulleiterin Ursula Triller auf diese Werte eindringlich aufmerksam: "Humanität, Hilfsbereitschaft, Solidarität mit den Ärmsten der Armen ...". Dabei erinnerte auch sie an die erschütternden Nachrichten und Bilder zu der seit Jahren andauernden Flüchtlingstragödie im Mittelmeer. Im Dezember 2018 ist Kapitän Reisch auch der Menschenrechtspreis der Österreichischen Liga für Menschenrechte verliehen worden.